Studienplanung

 

Bevor man die Studie beginnt, ist es unbedingt erforderlich, sie gut vorzubereiten. Nichts ist ärgerlicher und zeitaufwendiger, als in der Mitte eines Projektes das Design ändern zu müssen oder sogar festzustellen, dass die Studie falsch konzipiert war und sie daher noch einmal von Anfang an neu gemacht werden muss.

Folgende grundsätzliche Festlegungen müssen im Vorfeld getroffen werden.

o   Definierung der detaillierten Fragestellungen
o   Organisation von Abläufen und Vorbereitungen                                           Link dahin
o   Definition der patientenbezogenen Ein- / Ausschlusskriterien                   Link dahin
o   Rekrutierung der in die Studie einzuschließenden Patienten                    Link dahin
o   Zu erfassende Parameter                                                                                     Link dahin
o   Fallzahlberechnung Link dahin
o   Planung eines etwaigen Follow-up                                                                 Link dahin     
  
o   Definierung der detaillierten Fragestellungen
 
Wichtig ist es, die Fragestellungen, welche die Studie beantworten soll,  konkret und im Detail zu formulieren. Anfangs 
sollte man recherchieren, welche Studien zu diesem Thema bereits durchgeführt wurden, welche Ergebnisse bekannt
sind und was an zusätzlichen Ergebnissen zu erwarten ist. Bei der Formulierung der Fragestellungen sollte man
unbedingt sicherstellen, dass sie in dieser oder auch nur in ähnlicher Form nicht bereits anderweitig beantwortet wurden.
Ein Beispiel:
 
                                        Es ist eine Studie über Patienten geplant, bei denen eine PTCA durchgeführt
                                        wurde. Es soll untersucht werden, welche Faktoren eine postinterventionelle 
                                        CRP-Erhöhung begünstigen. Wir finden in der Literatur Angaben, dass z. B. ins-
                                        besondere bei instabiler AP und bei kleinem Gefäßdurchmesser das CRP
                                        nach der PTCA ansteigt. Dies sind bekannte Größen, jedoch hat noch keiner 
                                        untersucht, bei welchem Gefäßdurchmesser das CRP ansteigt. Eine Fragestellung 
                                        könnte sein:
                                        "Gibt es einen Grenzwert des Gefäßdurchmessers, bei dem eine erhöhte 
                                        inflammatorische Aktivität nach einer PTCA nachweisbar ist?"
                                        Zusätzlich finden wir heraus, dass noch niemand analysiert hat, ob es Unter-
                                        schiede zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern gibt; daher könnte eine weitere
                                        Frage lauten:
                                        "Welche Unterschiede bezüglich der postinterventionellen CRP-Erhöhung lassen
                                        sich zwischen Diabetikern und Nicht-Diabetikern nachweisen?"
                                        Wenn ich vorher diese Frage nicht gestellt hätte, hätte ich vielleicht gar nicht
                                        ermittelt, ob die Patienten einen Diabetes mellitus haben und hätte die Daten
                                        mit erheblichem Aufwand nacherheben müssen.
 
o   Organisation von Abläufen und Vorbereitungen
 
Manchmal kann es recht schwierig sein, das gesuchte Patientenkollektiv zu rekrutieren. Wer eine retrospektive Studie durchführt, wird wahre Begeisterungsstürme entfachen und neue Freunde gewinnen, wenn er am Montagmorgen im Archiv 500 Patientenakten für Mittwoch anfordert. Besser hätte er schon im Vorfeld geplant, in 2 Monaten mit der Datenerhebung zu starten, und die Akten früher bestellt. Oftmals entpuppt sich auch der Zugriff auf das Archiv als schwierig. Bevor man nachts im Archiv rumspringt und die Akten herauskramt, kann man möglicherweise die Akten leichter und schneller von den Stationen erhalten (soweit dort noch parallele Akten geführt werden).
    
Weiterhin sollte man frühzeitig überlegen, welche Materialien man (etwa im Labor) benötigt. Diese müssen meist genehmigt und beschafft werden, was mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden sein kann (Lieferzeit!). 
 
Weiterhin müssen ggf. Behandlungsräume bzw. bestimmte medizintechnische Geräte reserviert werden, etwa das CT, MRT etc. in der Radiologie - diese sind evtl. Wochen und Monate im Voraus terminiert, so dass man sich auch hier rechtzeitig um Reservierungen bemühen muss.

Prüfen Sie, ob für Ihre patientenbezogene Studie eine Zustimmung der Ethikkommission erforderlich ist. Wenn ja, planen Sie erhebliche Zeiten ein!  Im Übrigen bitten Sie Ihren Doktorvater, die Anfrage bzw. den Antrag  zu stellen.

Wichtig ist auch immer eine Klärung der anstehenden Aufgaben: Wie wird von wem was erledigt? Wer hilft bei der Organisation? Gehen Sie bis zum Beweis des Gegenteils von einer ganz simplen Antwort aus: Alles, was Sie nicht selbst erledigen, bleibt liegen! Vertrauen Sie auch nicht unbedingt auf Absprachen mit Schwestern und Stationsärzten; diese sind oft im täglichen Stress befangen und vergessen Ihre Doktorarbeit. Nehmen Sie nicht einem "Ihrer" Patienten Blut ab und stellen dies dann zu dem Routineblut, das gleich ins Labor gebracht wird. Auch dies wird leicht vergessen; bringen Sie "Ihr" Blut selbst ins Labor, so wie Sie sich am auch bestens um alle anderen Dinge selbst bekümmern.

  
   
o    Definition der patientenbezogenen Ein- / Ausschlusskriterien
 
Es gibt Register, in die praktisch alle Patienten mit einem bestimmten Krankheitsbild aufgenommen werden. Dies spiegelt ein unselektioniertes Kollektiv im klinischen Alltag wieder. Daher findet man z. B. in so einem Register auch 90-jährige bettlägerige Patienten mit Herzinsuffizienz, die in einer kontrollierten Studie niemals erfasst werden. Da die Ergebnisse sich durchaus von den kontrollierten Studien unterscheiden können, ist es wichtig, bei der Beschreibung der Methoden darauf einzugehen. Falls man jedoch nicht unselektioniert alle Patienten mit einer bestimmten Erkrankung untersuchen möchte, sollte man die Ein- und Ausschlusskriterien sauber definieren. So macht es keinen Sinn, einen herzinsuffizienten Patienten bezüglich des Mortalitätsrisikos zu untersuchen, wenn er zusätzlich auch ein Bronchial-Ca im Endstadium hat. Bei Laboruntersuchungen müssen sorgfältig die Einflüsse von Medikamenten berücksichtigt werden. Es ist wenig aufschlussreich, eine inflammatorische Aktivität eines Patienten nach einer PTCA zu untersuchen, der Cortison erhält (was ja bekanntlich die Inflammation hemmt).
 
 
 
o   Rekrutierung der in die Studie einzuschließenden Patienten
 
Je höher die Patienten- bzw. Fallzahl, desto wahrscheinlicher ist es, Signifikanzen nachweisen zu können. Bei der Studienplanung sollte man sich an etablierten Studien mit ähnlichen Fragestellungen orientieren. Prinzipiell sollte man einige Fälle mehr erheben als für die Auswertung vorgesehen, da retrospektiv  Fälle herausfallen können (doppelte Erhebung, Patient irrtümlich in die Studie aufgenommen und daher nicht auswertbar u. a. m.).
    
Manchmal kann es recht schwierig sein, das benötigte Patientenkollektiv zu rekrutieren - vor allem dann, wenn sehr spezielle Krankheitsbilder gesucht werden. Dann kann es hilfreich sein, die Patienten über ein Online-Portal zu suchen. Unter

     www.probanden.info

  
können Sie Ihre Studie eintragen und Patienten die Teilnahme anbieten; diese  können sich dann bei Ihnen melden. Da viele Patienten auf ihren Wunsch hin per Newsletter über die neuesten Studien informiert werden, kann innerhalb kurzer Zeit die Patientenrekrutierung erfolgreich abgeschlossen sein. Besonders Patienten mit einem großen Leidensdruck profitieren möglicherweise durch neue Therapieoptionen und insbesondere durch die intensivierte Betreuung. Der Anreiz einer besonderen Betreuung  ist für die Patienten - insbesondere bei chronischen Erkrankungen - meist erheblich größer als die Aussicht auf eine kleine finanzielle Vergütung.
  
 
o    Zu erfassende Parameter
 
Von zentraler Bedeutung für eine Doktorarbeit ist das richtige Erfassen der Parameter. Die einzelnen Variablen müssen sorgfältig ausgesucht werden, damit sie mit möglichst geringem Zeitaufwand erhoben und später ausgewertet werden können. Folgendes  sollte beachtet werden:
   

                    >   Es sollten möglichst keine Textfelder erhoben werden, da diese nur schlecht

                         (erhöhter Aufwand und Mehrkosten durch Umkodieren!) oder gar nicht statis-
                         tisch auszuwerten sind.
                    >   Kann man die Angaben gruppieren?
                    >   Wie viele Informationen sollen pro Feld erhoben werden? Durch Zusammen-
                         fassen von Feldern kann man evtl. effizienter arbeiten!
                    >   Sorgen Sie für einen richtigen Aufbau Ihrer Datenbank mit der Möglichkeit,
                          logische Verknüpfungen zwischen den auszuwertenden Datenfeldern
                          herzustellen.
                    >   Sorgen Sie weiterhin für optimale Bildschirmmasken zur  Erfassung der
                         Daten. Hier lassen sich ganz erhebliche Zeitaufwendungen und Kosten
                         einsparen.
                    >   Als Leitlinie sollte gelten: Jede Auswertung mit > 100 Parametern ist eine
                         Riesenarbeit und kostet Zeit, Geld und Nerven. Man sollte also nicht nur "zur 
                         Sicherheit" alles unreflektiert erfassen. Auf der anderen Seite kann es
                         zu einem Problem werden, gegen Ende der Studie festzustellen, dass wichtige
                         Parameter nicht erhoben wurden und man daher keine ausreichenden Er-
                         gebnisse erhält. Das Nacherheben fehlender Parameter kann Ihren gesamten
                         Zeit- und Kostenplan durcheinander bringen.
 

o   Fallzahlberechnung

  
Bevor mit der Studie begonnen wird, sollte eine statistische Planung inkl. Fallzahlberechnung durchgeführt werden. Diese wird von den Ethikkommissionen obligat gefordert, so dass eine Doktorarbeit ohne Fallzahlberechnung mittlerweile zur Ablehnung führen kann. Es gibt ein neues Glossar mit Begriffen rund um klinische Studien, in dem auch die Fallzahlberechnung mit einem Beispiel erläutert wird.  
o    Planung eines etwaigen Follow-up
 
Viele Studien erfordern Nachuntersuchungen. Dabei wird z. B. die Mortalität oder das Auftreten von Herzinfarkten, Tumorrezidiven  eines bestimmten Kollektivserhoben. Folgende Punkte sollten dabei bedacht werden:
     
                    >   Möglichst gleiche Zeitpunkte der Nachuntersuchung
                         Ein systematischer Fehler ist es, Follow-up-Daten zu vergleichen, wenn die eine
                         Hälfte der Patienten nach 5 Monaten und die andere Hälfte nach 8 Monaten
                         nachuntersucht wird.
                    >   Art der Nachuntersuchung
                         Es gibt verschiedene Möglichkeiten:
                              -   Telefonanrufe
                              -    Nachuntersuchungen in der Klinik (ambulant oder stationär)
                              -    Fragebögen, die die Patienten zurückschicken (oder auch nicht!)
                              -    Anfragen bei den Einwohnermeldeämtern
 
                         Stellen Sie fest, ob der Patient noch in andere Studien eingeschlossen ist und 
                         koordinieren Sie ggf. den Follow-up mit den anderen Studiengruppen!
 
                    >    Telefonanrufe sind relativ schnell durchzuführen, dauern aber doch länger, als
                          man vorher einplant. Oft erreicht man die Leute erst nach mehrfachen Anrufen. 
                          Stellen Sie sich darauf ein, dass aus Sicht der Patienten "das Krankenhaus"
                          anruft und mit Ihnen über ihre Erkrankungen spricht. Im Bedarfsfall sollten
                          Sie auch außerhalb Ihrer Studienbelange weiterhelfen (Rücksprache mit den 
                          behandelnden Ärzten, Beschaffung eines neuen Aufnahme-/Behandlungs-
                          termins usw.). So profitieren auch die Patienten von Ihrer Studie und wer-
                          den Ihnen lieber Ihre Fragen beantworten.
                          Es ist wichtig, vor dem Anruf festzustellen, ob der Patient seither wieder in
                          "Ihrem" Krankenhaus war oder sogar gerade ist. Es ist mehr als peinlich, 
                          anzurufen, um von der Ehefrau zu erfahren, dass ihr Mann eine Woche vorher
                          in Ihrem Krankenhaus verstorben ist.
 
                          Nachuntersuchungen in der Klinik sind durchweg aufwendig. Erforderlichen-
                          falls sollte man darüber vor seinem Einschluss in die Studie mit dem Patienten
                          sprechen. Viele Patienten kommen gerne wieder, da die Nachuntersuchungen
                          kostenlos sind und sie ja auch von den Untersuchungen profitieren. Jedoch
                          wünschen manche Patienten (je nach Erkrankung bis zu 20 %) keine Nachunter-
                          suchung, so dass es nicht sinnvoll ist, sie für die Studie zu rekrutieren. Denn:
                          Lieber eine etwas verlängerte Einschlussphase mit einem aussagefähigen 
                          Kollektiv als ein Register mit von vorne herein unvollständigen Daten!
 
                          Die eingeplanten Nachuntersuchungen  sollten zu > 90 % auch erfolgt sein; 
                          eine Vollständigkeit von 97 % ist super und sollte unbedingt in Ihrer Doktorar-
                          beit besonders hervorgehoben werden. Eine Vollständigkeit < 90 % wertet 
                          die Studie ab und sollte begründet werden. Dabei ist zu beachten, dass die 
                          Patienten, bei denen keine Follow-up-Daten erhoben werden konnten, oft die-
                          jenigen mit dem schlechtesten Verlauf sind (Verstorbene, schwer Kranke, 
                          Pflegefälle etc.); dies könnte die statistischen Aussagen verfälschen! Wenn 
                          ein Patient z. B. zur Nachuntersuchung nicht ins Krankenhaus kommt, sollte 
                          man daher probieren, ihn telefonisch zu erreichen. Wenn man auch hierdurch 
                          keine Auskünfte erhält, kann ein Gespräch mit dem Hausarzt Aufschluss geben
                          (daher immer Namen und Telefon-Nr. des Hausarztes notieren, wenn dies 
                          nicht routinemäßig bei der Aufnahme erfolgt). Klappt es auch hier nicht, bleibt 
                          noch die Anfrage beim Einwohnermeldeamt, um nach einer neuen Anschrift 
                          oder nach dem etwaigen Tod zu fragen.
            
                     >    Fragebögen an die Patienten erreichen oft nur eine Rücklaufrate von ca. 60 %
                           und sind daher meist nicht geeignet und nur in Ausnahmefällen zu empfehlen.
                           Dazu kommt, dass besonders kranke und ältere Menschen die Fragen gar nicht
                           oder nur fehlerhaft beantworten können.
 
                    >      Anfragen bei den Einwohnermeldeämtern erfolgen im Rahmen von  Morta-
                            litätsstudien zur Feststellung, ob der Patient noch lebt. Cave:
                            Die Bearbeitungszeiten der Ämter reichen von wenigen Tagen bis zu mehreren
                            Monaten; außerdem werden z. T. Gebühren erhoben (wer trägt die?).
 
 
Es ist schwierig, aber von zentraler Bedeutung, das richtige Studiendesign zu  finden. Leider haben die Betreuer oft keine Zeit (oder auch nicht immer Lust?), mit ihrem Doktoranden diese wichtigen Dinge abzuklären und festzulegen. Dennoch ist es für ihn ganz wichtig, vor Beginn der Studie deren Design und auszuwertenden Parameter zu besprechen. Man kann hierzu professionelle Hilfe in Anspruch  nehmen, wobei man bei der Suche nach einer derartigen Hilfe davon ausgehen sollte, dass die Kombination von Erfahrung mit statistischen Analysen und einer medizinischen Ausbildung die meiste Aussicht auf Erfolg verspricht. Bereits ein Gespräch von einer Stunde mit einem kompetenten Partner kann  für den Erfolg oder Misserfolg einer Studie bedeutend sein.
       
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